![Wilhelm Ellerbrake. Foto: Lothar Kaiser]()
Von Oberstadtdirektor
i. R. Wilhelm Ellerbrake
Erwarten Sie bitte von mir jetzt nicht einen lückenlosen
Vortrag über die Geschichte der Feuerwehr. Ich möchte
Ihnen vielmehr aufzeigen, dass die Feuerwehr sich sowohl in ihren ursprünglichen
Aufgaben als auch weit über das Gebiet, dem sie ihren Namen verdankt,
hinaus zu einer allgemeinen örtlichen Hilfstruppe in allen Lebenslagen
entwickelt hat. Ohne sie und die berühmte 112" wären wir manchmal hilflos.
Feuer hat schon unseren Urahnen ebenso wie uns heute mit Licht und Wärme
viel Gutes und Notwendiges gebracht, Wenn es aber ungezähmt
und unbewacht seine Schrecken verbreitet, dann hat es mit seiner Macht die
Menschheit eigentlich nur Ohnmacht spüren lassen. Mit Wasser und Feuerpatschen war dem
Feuer eben nicht viel entgegen zu setzen. Schon die alten Römer haben zunächst Sklaven und später militärisch organisierte Korps in Stärke
von mehreren 1000 Mann als Schutzmannschaft gegen Feuer, Räuber
und Diebe aufgestellt. Brände von Rom hat es trotzdem gegeben. Und mit dem
Untergang Roms sind diese Einheiten verschwunden.
In Deutschland beschränkte man sich staatlicherseits bis ins 18.
Jahrhundert auf Appelle an die Bevölkerung, sich bei Bränden möglichst mit ledernen Eimern auszurüsten
und dann zwischen einer Wasserstelle und dem brennenden Objekt eine Menschenkette
zu bilden, in der mit Wasser gefüllte Eimer weitergereicht wurden. Gelöscht
wurde mit einfachen Handspritzen. Im Jahre 1518 hat ein Augsburger Goldschmied
zwar eine größere Feuerspritze entwickelt, für
die aber bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts brauchbare wasserdichte
Druckschläuche fehlten. Vorbeugend schrieb die Jülich-Bergische
Feuerordnung aus dem Jahre 1554 erstmals vor, wie viel Wassereimer ein
Hausbesitzer vorhalten musste und dass bei Neubauten Dächer
mit Schiefer und Pfannen und nicht mehr mit Stroh eingedeckt werden sollten. Fortschrittlicher zeigten sich die Franzosen. In Paris wurde 1716 das
militärisch organisierte, kasernierte und heute noch als
Kernstück der Pariser Berufsfeuerwehr bestehende Pompier-Corps"
gegründet.
In einer Feuer-Ordnung für das Herzogtum Berg bestanden erst ab 1803 für
unseren Raum verbindliche Richtlinien für eine aktive Brandbekämpfung.
In jedem Ort war ein Feuerkorps aus wohlhabenden Einwohnern" in
Größe
von 60 bis 150 Mann zu bilden. Für die Ausrüstung waren die Städte und Gemeinden zuständig.
Unter Leitung des Bürgermeisters hatte ein mehrköpfiger
Brandrat für die Durchführung von Übungen und die Alarmierung beim Ausbruch eines
Brandes zu sorgen und im Brandfall an der Brandstelle zu sein und notwendige
Anordnungen zu treffen.
In Alt-Remscheid, Lennep und Lüttringhausen wurden solche Pflicht-Korps aufgestellt.
Daneben gab es in vielen Ortschaften und Höfen zusätzliche Einheiten in geringerer Stärke.
Die den neu gebildeten Feuerkorps überlassene Ausrüstung wurde durch die Anschaffung von vielfach aus
Stiftungen finanzierten Spritzen verbessert. Da gab es vierrädrige
doppelt wirkende und zweirädrige einfache Spritzen auf Karren, die mühsam
von mehreren Leuten zur Brandstelle gezogen oder geschoben werden mussten.
Tragbare kleinere Spritzen gab es; sie waren aber von einem allein nicht über
längere
Strecken zu transportieren. So war es von Vorteil, in der Nähe
der Spritzenstandorte auch Pferdehalter und den Zugriff auf Pferde zu haben.
![Historisches Löschgerät. Foto: Lothar Kaiser]()
Mitte des 19. Jahrhunderts bildeten sich vielerorts aus oder neben den
Pflicht-Feuer-Korps Freiwillige Feuerwehren. Es wurde allgemein, von Remscheid
und Umgebung ist mir das allerdings nicht bekannt, beklagt, dass die zum Teil
dienstverpflichteten Kräfte der Pflicht-Korps mit
Unlust übten und in ihrer Güte zu wünschen übrig ließen". Vielleicht lag 's aber auch an einer im Verein
glücklicheren
Teambildung und an einer selbständigeren Leitung der Löscharbeiten;
Die Freiwilligen Feuerwehren erwiesen sich jedenfalls immer mehr als zuverlässige
und erfolgreiche Träger der Brandbekämpfung. So entstanden auch die Freiwilligen
Feuerwehren Lennep und Lüttringhausen und in Alt-Remscheid gleich mehrere,
zum Teil heute nicht mehr bestehende Wehren sowie die Werkfeuerwehren der
Bergischen Stahl-Industrie und des Alexanderwerks und in Lennep die
Werkfeuerwehr der Kammgarnspinnerei.
Problematisch blieben lange Zeit die schnelle Meldung eines Brandes, die
rasche Alarmierung der Einsatzkräfte und die Wasserversorgung an der Brandstelle.
Kirchenglocken, Hörner, Trommeln, Sirenen und Pfeifen wurden
eingesetzt. Wasserzubringer, Wagen mit großen Wannen oder Fässern, wurden beschafft, die allerdings auch durch
Muskelkraft bewegt werden mussten, wenn keine Pferde zur Verfügung
standen. Hier trat eine Entlastung erst ein, als Wasserleitungen mit Hydranten
verlegt wurden, wie 1883 in Remscheid und Lennep und 1894 in Lüttringhausen.
Mit der rasanten technischen Entwicklung ab der zweiten Hälfte
des IS. Jahrhunderts waren die Feuerwehren überall schnell zu einer hilfreichen Einsatztruppe
nicht nur bei Bränden sondern ebenso bei Unglücks-
oder Notfällen aller Art, Explosionen, Sturm und Hagelschlag,
Hochwasser und ähnlichen Schadensfällen geworden und hatten an entsprechender
Ausrüstung
zugelegt. Notwendige Folge waren umfangreichere Ausbildungen, Wartungs-,
Pflege- und Reparaturarbeiten. Da waren schließlich hauptamtliche Kräfte
gefragt. Bis 1900 hatten bereits 30 deutsche Städte neben den Freiwilligen auch Berufsfeuerwehren.
Am 1. April 1902 wurde in Remscheid der erste hauptberufliche
Feuerwehrmann eingestellt und mit der Reinigung, Instandhaltung und Reparatur
der Ausrüstung aller Feuerwehren im Stadtgebiet beauftragt. Ihm
folgte schon 1903 ein zweiter Kollege und mit ihm die Ausweitung der Aufgaben
der Feuerwehr auf ein ganz neues Gebiet: den Krankentransport. Der erste
Krankenwagen war ein Pferdewagen und wurde von Pferden gezogen. Er wurde später
durch zwei motorisierte Krankenwagen ersetzt. 1906 bekam die Stadt eine erste Dampfspritze und 1909 eine moderne
Feuermeldeanlage mit einer Zentrale im neuen Rathaus, zunächst
31, später 74 öffentlichen Feuermeldern und gleichzeitig auslösbaren
Alarmglocken in den Wohnungen von Feuerwehrleuten. Sie sicherte die schnelle
Meldung eines Brandes und den schnellen Einsatz der Feuerwehr allerdings nur
durch eine ständig besetzte Wache. Dabei half nachts personell
zunächst
die damals ebenfalls im Rathaus untergebrachte Polizei. Diese Entwicklung führte
bis 1914 zur Einstellung von vier weiteren Berufsfeuerwehrleuten und damit zum
1. Mai 1914 zur Gründung der Berufsfeuerwehr Remscheid als 47.
Berufsfeuerwehr in Deutschland. Für sie wurde im Hof des Rathauses eine Fahrzeughalle
gebaut.
1923 erhielt die Berufsfeuerwehr ihre erste Motorspritze mit
Vollgummi-Bereifung. Dazu wuchs sie auf 12 Mann und konnte jetzt nicht nur als
Leitstelle für die Einsätze der Freiwilligen Feuerwehren tätig
sein sondern auch ihre ersten eigenen Brandeinsätze leisten. Um auch im Osten der Stadt schnei! präsent
zu sein, wurde nach weiterer personeller Aufstockung in der kurz vor der
Eingemeindung nach Remscheid in Lennep fertiggestellten Feuerwache am Jahnplatz
die neue Wache II der Berufsfeuerwehr untergebracht.1938 wurde die Berufsfeuerwehr Feuerschutzpolizei. Die leitenden Beamten erhielten Offiziersrang,
Die Freiwilligen Feuerwehren wurden zu einer straff organisierten, vom Führerprinzip
geleiteten, reichseinheitlich gestalteten, von geschulten Kräften
geführten
Hilfspolizeitruppe unter staatlicher Aufsicht".
Kurz vor Ausbruch des II. Weltkriegeserhielt die Feuerwehr Remscheid noch ihr erstes Tanklöschfahrzeug. Aus den Freiwilligen Feuerwehren
wurden nach Kriegsbeginn immer mehr Leute, die nicht zum Kriegsdienst
eingezogen waren, in den zum Teil kasernierten Sicherheits- und Hilfsdienst
(SHD) überführt. Er konnte nach Luftangriffen überörtlich
eingesetzt werden. Bei dem Luftangriff auf Remscheid 1943 wurden mit dem
Rathaus auch Fahrzeughalle und Wache der Berufsfeuerwehr zerstört.
Sie wich in die Schule Rosenstraße aus, ehe 1944 eine Baracke auf den Trümmern
der alten Feuerwache fertig wurde.
Zwei Tage nach Kriegsende wurde von 14 Angehörigen
der Berufsfeuerwehr der Dienst, jetzt aber nicht mehr als Polizeitruppe, wieder
aufgenommen. Von den 20 Zügen der Vorkriegszeit ließ
die Militärregierung nur sechs Freiwillige Feuerwehren mit
zusammen 120 Mann und erst 1951, als dieses Limit aufgehoben wurde, eine 7.
Wehr wieder zu. 1954 wurde der neue Anbau ans Rathaus eingeweiht und in zwei Geschossen
von der Berufsfeuerwehr bezogen. Zu dieser Zeit verfügten
Berufs- und Freiwillige Feuerwehr zusammen über zehn Löschfahrzeuge, zwei Drehleitern, einen Kranwagen, sechs
Krankenwagen und drei weitere Hilfsfahrzeuge. Der Personalstand der
Berufsfeuerwehr lag bei 41 Mann. Erste Fahrzeuge erhielten jetzt eine Funkausrüstung.
Die Alarmierung auch der Freiwilligen Feuerwehren erfolgte nach und nach vollständig
durch Funkalarmempfänger.
Ein Jahrzehnte lang geträumter Traum ging 1989 mit der Einweihung der neuen
Feuerwache Auf dem Knapp", in der geographischen Mitte
Remscheids liegend, in Erfüllung, Sie dient seither als Heimat"
der Berufsfeuerwehr
aber auch bei speziellen Ausbildungen oder bei der Übernahme
des Wachdienstes bei Großeinsätzen den freiwilligen Wehren. Die Wache hat mit
Fahrzeughallen, Turm, Ruhe-, modernen Ausbildungs- und Übungsräumen,
Werkstätten und einer auf dem neuesten technischen Stand
arbeitenden Leitstelle beste Ausstattung. Die in Lennep untergebrachte Wache II
konnte aufgelöst und das dortige Gerätehaus
der Freiwilligen Feuerwehr Lennep ganz überlassen werden. Allerdings wurde zur schnelleren
Erreichbarkeit von Zielen im Westen der Stadt auch während
der Verkehrsspitzenzeiten eine zusätzliche Rettungswache in angemieteten Räumen
des Deutschen Roten Kreuzes an der Alleestraße eingerichtet.
Weitere zusätzliche Aufgaben sind in den letzten Jahrzehnten
auf die Feuerwehr zugekommen. Großschadensereignisse und die politische Weltlage
zwischen Ost und West haben schon vor über 50 Jahren zum Aufbau eines Zivil- und
Katastrophenschutzes durch Bund und Länder geführt. Die Aufgaben sind inzwischen in Remscheid der
Feuerwehr zugeordnet und werden von speziell ausgebildeten Kräften
der Berufsfeuerwehr, der Freiwilligen Feuerwehren, des Technischen Hilfswerks,
des Deutschen Roten Kreuzes und weiterer Hilfsorganisationen wahrgenommen. An größeren
überörtlichen
Einsätzen
in Katastrophenfällen war die Remscheider Feuerwehr 1992 bei Waldbränden
in der Mark Brandenburg und beim Elbe-Hochwasser 2002 in Pirna beteiligt. Heute
besteht gemeinsam mit den Feuerwehren aus Wuppertal und Solingen eine
Bereitschaftseinheit, die von der Bezirksregierung bei Bedarf einberufen und überörtlich
eingesetzt werden kann, so geschehen beim Eibe-Hochwasser 2013 in Magdeburg und
bei den Sommer-Unwettern dieses Jahres an Rhein und Ruhr.
Im Rettungsdienst sind heute zusätzlich zwei Notärzte tätig. In Absprache mit den Kirchengemeinden stehen
auf Abruf 15 Notfallseelsorger bereit, wenn Betroffene oder auch Feuerwehrleute
selbst, die bei Unfällen manchen schrecklichen Anblick ertragen müssen,
Beistand brauchen. Zur Ausbildung der Feuerwehr gehören
heute Kenntnisse im Umgang mit atomaren, biologischen und chemischen
Gefahrstoffen und Löschmitteln. Bei Wohnungsbränden
sind Rauchgasentwicklung und schwerer Atemschutz häufig
wichtiger als der Einsatz von Löschwasser. Alle Berufsfeuerwehr-leute und viele
Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren haben eine
Ausbildung als Rettungssanitäter oder Rettungsassistent. Und nachdem bei Unfällen
auf der Wupper- oder Eschbachtalsperre ein in Lüdorf stationiertes Mehrzweckboot eingesetzt wird,
mussten einige Feuerwehrleute auch einen Bootsführerschein machen.
Zu den Aufgaben der Feuerwehr gehört auch der vorbeugende Brandschutz durch
Mitwirkung in bauaufsichtlichen Verfahren, bei größeren Veranstaltungen und Brandschauen, die Stellung
von Brandsicherheitswachen, Durchführung von Schulungen und Aufklärungsvorträgen
in Kindergärten, Schulen, Heimen und Betrieben.
Seit 1979 besteht bei vier Freiwilligen Feuerwehren eine Jugendfeuerwehr
für
Jungen und Mädchen zwischen zehn und 18 Jahren, die eine erste
feuerwehrtechnische Ausbildung und eine jugendpflegerische Betreuung erfahren.
Sie hat im vergangenen Jahr in freiwilligem Einsatz unter anderem erfolgreich
geholfen, das von Hochwasser überflutete Freibad Eschbachtal wieder trocken zu
legen. Der Nachwuchs von Remscheids Freiwilligen Feuerwehren kommt in den
letzten Jahren zu mehr als der Hälfte aus dieser Jugendfeuerwehr.
Es sei auch erwähnt, dass insbesondere die Freiwilligen Feuerwehren
in ihren Stützpunkten eine enge Bindung zur Bevölkerung
und im öffentlichen Leben haben. Ihre traditionellen Feste
zeugen davon. Es gab wohl keine Feuerwehr, die nicht irgendwann eine eigene
Musikkapelle hatte. Dabei müssen natürlich die Familien, die ja alle Unruhe durch Alarm
und Zeitaufwand für Einsätze und Übungen mittragen, eine gute und auch opferbereite
Rolle mitspielen. So sei hier betont, dass nicht nur den Feuerwehrleuten für
ihren Einsatz sondern auch ihren Familien Dank gebührt.
Ich sage: Dankeschön!
Wie sich die Aufgabenveränderung und -erweiterung auf die Arbeit der
Feuerwehren auswirkt, mögen einige Zahlen aufzeigen. Was meinen Sie,
welchen Anteil die eigentliche Brandbekämpfung heute noch hat? Es sind nicht einmal 1,5 %
der Alarmierungen. In 2013 standen rund 200 Brandeinsätzen,
darunter 60 mit Unterstützung durch die Freiwilligen Feuerwehren, knapp
17.000 Einsätze im Rettungs- und Krankentransportdienst und über
1.100 technische Hilfeleistungen wie zum Beispiel bei Verkehrsunfällen,
Unwetterschäden, Ölspurbeseitigungen usw. gegenüber.
Die Feuerwehr Remscheid verfügt einschließlich der im Eigentum des Bundes oder des Landes
stehenden Fahrzeuge des Zivil- und Katastrophenschutzes über
77 Fahrzeuge, darunter 23 Löschfahrzeuge, zwei Drehleitern sowie 14 Kranken-
und Rettungswagen. Die Berufsfeuerwehr zählt 132 beamtete Feuerwehrleute und sechs
Verwaltungskräfte, die Freiwilligen Feuerwehren haben 227 aktive
ehrenamtliche Mitglieder und Mitgliederinnen. Ich bin sicher, dass allen noch
weiterer Wandel ihrer Arbeit und Ausrüstung bevorsteht. Ich bin aber genauso sicher, dass
unsere Feuerwehr wie bisher gut damit fertig wird. Für
die Zukunft wünsche ich allen unseren Feuerwehrleuten möglichst
viele ungestörte Ruhezeiten, viel Zeit zum Üben,
denn wenn die da ist, passiert wenig Unerfreuliches. Aber im Ernstfall wünsche
ich viel Glück und Erfolg. Früher sagte man mal Gut Schlauch". Wie Sie eben gehört
haben, wird dies den heutigen Aufgaben der Feuerwehr aber wohl nicht mehr
ausreichend gerecht. Also: Alles Gute!
(In leicht gekürzter Fassung war der Beitrag heute
die Festrede beim Festakt zum 100-jährigen Bestehen der Berufsfeuerwehr
Remscheid im Vaßbendersaal am Markt)