Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Für gestern um 16 Uhr, also zu Pressekonferenz zu, informierten im Rathaus Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz und Stadtkämmerer Sven Wiertz Vertreter der lokalen Medien über den Vorschlag der Verwaltung für die abschließenden Haushaltsplanberatungen am kommenden Donnertag ab 15 Uhr zunächst im Haupt-, Finanz-und Beteiligungsausschuss (kleiner Sitzungssaal) und ab 16.15 Uhr sodann im Rat der Stadt (großer Sitzungssaal). im Stadtrat am 27. November informieren. Entschieden wird dann über die Fortschreibung des Haushaltsplanes und die städtische Haushaltssatzung für die Jahre 2015 und 2016 zu entscheiden. Keine leichte Kost, wie sich schon bei einem ersten Durchblättern der beiden mehr insgesamt 114 Seiten starken Vorlagen erkennen ließ, die mit Tabellen und Statistiken gespickt sind. Die erlösende Kernbotschaft in einem Satz: Weil es dank guter Vorarbeit von Kämmerer und Kämmerer gelungen ist, den Haushaltssanierungspakt mit dem Land einzuhalten, bleibt der Stadt Remscheid ein Sparkommissar erspart, der die Kommunalpolitiker de facto handlungsunfähig gemacht hätte.
Bis zum 1. Dezember deshalb auch das Sitzungsmarathon am kommenden Donnerstag muss die Stadt Remscheid der Bezirksregierung ihre Fortschreibung des Haushaltssanierungsplanes vorlegen, soll will es das Gesetz zum Haushaltssanierungspakt. Die Genehmigung des Haushaltsplanes durch die Bezirksregierung Düsseldorf ist Voraussetzung für das Inkrafttreten der Haushaltssatzung. Am 1. Juli schien die Welt noch in Ordnung zu sein. Da gingen Rat und Verwaltung für den Etat 2016 noch mit einem Plus von 900.000 Euro aus. Doch Ende Oktober klafft da ein Loch von 5,66 Millionen. Es folgte der Vorschlag der Verwaltung, zum 1. Januar 2015 durch Erhöhung der Grundsteuer B um 200 Hebesatzpunkte auf künftig 800 v.H. (gleich 33,3 Prozent) gegenzusteuern. Denn ohne genehmigungsfähigen Doppelhaushalt 2015/2016 würde es kein Geld vom Land und folglich keine Investitionen in die Infrastruktur und um Wirtschaft und Bildung zu fördern. Und an eine Sanierung von Haus Cleff wäre erst gar nicht zu denken.
In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 30. Oktober kam es dann knüppeldick: Der städtische Haushalt für 2015 wies gegenüber dem Entwurf vom 1. Juli durch die geringeren Gewerbesteuereinnahmen (gegenwärtig liegen sie bei 55,1 Millionen; Ende des Jahres sollen es 65 Millionen Euro sein)kein Defizit von sieben Millionen aus, sondern von 14,34 Millionen. Da war es also mit den 7,4 Millionen Euro, die eine Erhöhung der Grundsteuer pro Jahr in die Stadtkasse spüle sollte, noch lange nicht getan. Es musste nach weiteren Einsparmöglichkeiten gesucht werden.
- Die naheliegende Möglichkeit war, die im April von OB Mast-Weisz verfügter Haushaltssperre (2,3 Millionen weniger Sachausgaben in 2014) in 2015 fortzusetzen. Weitere Vorschläge der Verwaltung:
- Erhöhung der Vergnügungssteuer um 0,5 Prozentpunkte. Jährliche Mehreinnahmen: Ca. 250.000 Euro.
- Einführung der Wettbürosteuer. Jährliche Einnahmen sind veranschlagt mit 50.000 Euro.
- Soforthilfe des Bundes erhöht den Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer in den folgenden fünf Jahren um insgesamt 910.000 Euro.
- Rückläufige Gewerbesteuer führt zu höheren Schlüsselzuweisungen des Landes ein Plus von 5.341.500 Euro in 2015 und von 5.700.000 Euro in 2016 (insgesamt 20.150.000 Euro in den nächstfolgenden drei Jahren).
- Statt Auszahlung von Überstunden städtischer Bediensteter Gewährung von zusätzlichem Urlaub (bis hin zur befristeten Schließung ganzer Ämter)
- Beteiligung städtischer Tochtergesellschaften am Ausgleich des Finanzdefizits. Neu Die Technischen Betriebe Remscheid /TBR) sollen sich aus ihren Rücklagen in den nächsten Jahren mit 8,5 Millionen Euro am Etatausgleich beteiligen.
Dass das gesamte Finanzgerüst ohne eine Erhöhung der Grundsteuer B einstürzen würden, wissen Rat und Verwaltung. Strittig ist lediglich die konkrete Höhe. Dafür scheint jetzt klar zu sein, dass die Anhebung der Steuer bis 2018 befristet erfolgen soll, vorausgesetzt, bis dahinkommt die zugesagte Finanzspritze des Bundes in der Stadtkasse an.
Was wird in dieser prekären Situation aus der Schulsozialarbeit und aus der seit Jahren ausstehenden Erhöhung der Tarife für die Mitarbeiter der OGS? Dazu Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz in der gestrigen Pressekonferenz: Wenn die Politik das will, wird es dafür eine Option geben! Für die Schulsozialarbeit sei eine reduzierte und befristete Fortsetzung denkbar. Und die Anpassung der OGS-Gehälter sei in der Tat überfällig. Aber: Bei der Schulsozialarbeit dürfen wir den Bund nicht aus der Verantwortung nehmen. Er hat die Schulsozialarbeit schließlich eingeführt nach ein3em entsprechenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf Chancengleichheit bei Bildung und Teilhabe. Da kann der Bund die Kommunen nun drei Jahre später nicht einfach mit ihren Ausgaben im Regen stehen lassen!
Derzeit hat die Stadt Remscheid Kredite in Höhe von 621 Millionen Euro zu verzinsen und abzutragen. Ende 2019 werden es noch knapp 548 Millionen sein. Über Kredite musste die Stadt Remscheid seit 1991 auch ihren Beitrag für den Aufbau Ost finanzieren rund 110 Millionen Euro incl. Zinsen bis 2014. Bis zum Ende des Solidarpakt im Jahre w019 werden voraussichtlich noch einmal rund 30 Millionen Euro hinzukommen, die Zinsen noch nicht eingerechnet.