Er ist längst Tradition, der öffentliche Arbeitnehmerempfang im Großen Sitzungssaal des Remscheider Rathauses am Vorabend des Tags der Arbeit (1. Mai). Diesmal begann er um 17 Uhr, eine Stunde früher als gewohnt. Nach Reden und Musik klingt der Abend im kleinen Saal nebenan immer mit einem gemeinsamen Essen ausklingen. So war es auch diesmal. Aber dennoch ganz anders als erwartet. Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht, sagte Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz am Ende er Veranstaltung. Die schlechte: Das bestellte Essen ist leider nicht gekommen. Und die gute: Wir haben kurzfristig sechs große Platten Pizza bestellt. Die kommen gleich!
In seiner Begrüßungsrede konnte der Oberbürgermeister gestern (wie auch heute bei der Maikundgebung) die aktuelle Nachricht nicht verschweigen, dass auf Hasten beim Keiper-Nachfolger Adient 100 Arbeitsplätze verloren gehen. Respekt, was Monika Bittner und ihr Betriebsrat sowie IG Metall erreicht haben! Und mit Blick auf den Arbeitgeber: Es war wohl eine rein strategische Entscheidung, keine wirtschaftliche! Die bedauere er sehr: Remscheid ist und bleibt Industriestadt, ist die Werkzeugstadt mit innovativen Unternehmen. Aber wir brauchen auch neue Arbeitsplätze in anderen Arbeitsfeldern! Und da freue er sich über junge Start-ups wie die Gründerschmiede, die bei den Banken und der Industrie Unterstützung erfahre. Für neue Arbeitsplätze etwa 800 werde auch das Designer Outlet Center in Lennep sorgen, fuhr der OB fort. Ein Einkaufszentrum mit großer Reichweite, das jährlich mehr als zwei Millionen Gäste erwartet. Das wird sich in der Gastronomie, im Handel, im Tourismus positiv bemerkbar machen! Die eine oder andere Sorge von Bürgern könne er zwar verstehen. Aber er gehöre zu der großen Mehrheit, die zu diesem Projekt stehe, weil er von dessen insgesamt positiven Auswirkungen auf die Stadt überzeugt sei. Weil wir Arbeitsplätze brauchen, weil ich sehe, dass heute in Lennep 25 Geschäfte leer stehen oder anderweitig genutzt werden, weil Handwerk, Hotels und andere Branchen von Bau und Betrieb des DOC profitieren werden. Weil ich mich nicht daran gewöhnen werde, dass derzeit zehn Prozent aller Remscheiderinnen und Remscheider, darunter jedes 4. Kind, ganz oder teilweise von Hartz IV lebe. Diesen Familien müssen wir Perspektiven am Arbeitsmarkt anbieten können!
Perspektiven bieten, das müsse sehr früh beginnen, fange bei einer guten Bildung an. Deshalb begrüße er das Landesprogramm Gute Schule 2020". Das mache es in diesem und in den kommenden drei Jahren möglich, insgesamt mehr als zwölf Millionen in unsere Schulen zu investieren. Gute Bildung beginne im Übrigen im Kindergarten: Das sind keine Verwahranstalten, sondern wichtige Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Wir werden in den kommenden Monaten 700 neue Plätze schaffen bzw. mit deren Bau beginnen. Auch da entstehen neue Arbeitsplätze. Diese Kitas ermöglichen es Familien, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch tatsächlich hinzubekommen!
Beim Familientag im Sana-Klinikum habe er soeben erfahren, dass die Geburtenrate weiter steige. Ein positives Zeichen! Wir sind keine aussterbende Stadt, sondern eine Stadt mit Zukunft! Daran müsse an vielen Stellen gearbeitet werden. Wir müssen insbesondere für unsere Wirtschaft neue Gewerbegebiete erschließen und Brachflächen nutzen. In den kommenden Tagen werden im Rathaus zwei neue Mitarbeiter beginnen, die sich um Gewerbeflächen und den Breitbandausbau kümmern werden. Wir wollen alles dafür tun, dass die Wirtschaft und dass damit der Arbeitsmarkt und die Beschäftigten hier eine gute Perspektiven haben.
Deshalb habe er vor wenigen Tagen auch zusammen mit dem SPD-Landtagsabgeordneten Sven Wolf beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr für Direktverbindungen mit dem Zug nach Düsseldorf und Köln plädiert. Da erwartete er nun bis zum Sommer konkrete Ergebnisse. Denn Remscheid müsse für Pendler interessanter werden, sowohl für die, die in den Ballungsräumen wohnen und hier arbeiten, als auch für die, die hier in einem attraktiven Umfeld wohnen und in den großen Großstädten arbeiten!
Gegenwärtig werde viel für die Attraktivität unserer Stadt getan, meinte Burkhard Mast-Weisz. In Lennep und Lüttringhausen entstehen neue Wohngebiete. In der Innenstadt wird gerade das neue Kino gebaut. In den kommenden Jahren können wir mit Unterstützung der Landesregierung mehr als 15 Millionen in die Innenstadt investieren, zusammen mit den Geschäftsleuten und Gebäudeeigentümern. Und der städtische Haushalt ist dank der Mittel des Stärkungspaktes seit über 25 Jahren erstmals ausgeglichen. Das ermöglicht uns neue, wichtige Investitionen. Allerdings sei der Preis, den die Beschäftigten der Stadt im Zusammenhang mit den beschlossenen Sparmaßnahmen des Stärkungspaktes zu zahlen hätten, sei in einzelnen Bereichen zu groß: Stellenabbau und massive Arbeitsverdichtung sind an der Tagesordnung. Daher meine Forderung an Bund und Land: tragt dafür Sorge, dass uns nicht dauernd neue Aufgaben übertragen werden, tragt dafür Sorge, dass es zu einer wirklich gerechten Gemeindefinanzierung und zu wirklich gleichen Lebensverhältnissen in unserem Land kommt!
Abschließend forderte der OB die Anwesenden auf, in 14 Tagen bei der Landtagswahl ihre Stimme abzugeben. Ich werde hier nicht sagen, wen Sie wählen sollten; das muss jeder für sich entscheiden. Aber ich sage Ihnen und euch, wer aus meiner Sicht keine Stimme bekommen darf: Keine Stimme für die, die gegen Flüchtlinge, Zugewanderte, Menschen muslimischen Glaubens krakeelen. Keine Stimme für die, die mit populistischen Aussagen Stimmung machen und falsche Ängste schüren, die mit unserer Geschichte unverantwortlich umgehen, die aber keine ehrlichen Antworten haben. Gehen Sie wählen, entscheiden Sie sich für demokratische Parteien, die sich den Zukunftsaufgaben unseres Landes stellen und die auch für Respekt, Toleranz und ein friedliches Miteinander stehen. Das sind wir alle unserer Stadt und ihren hier lebenden Menschen aus über 120 Nationen schuldig!
Auf irische Folkmusik mit Fidel und Gitarre (Ariana Böker und Felix Tenten) folgt gestern der kommissarische Vorsitzende des DGB-Stadtverbands Remscheid, Gottfried Meyer (Foto), mit mal philosophischen, mal kämpferischen Überlegungen zum diesjährigen Motto zum Tag der Arbeit Wir sind viele, wir sind eins.". Der Waterbölles veröffentlicht nachfolgend eine Zusammenfassung der Rede:
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