Von den anwesenden 51 Ratsmitgliedern stimmten in der gestrigen Ratssitzung 49 für die Kündigung des Heimleitungs- und Dienstleistungsvertrages mit der BAF zum 31.12.2019 und die (frühere) Übernahme der BAF-Mitarbeiter in die städtische Belegschaft mit klarem Stellenplan. Den Antrag von Pro Deutschland auf geheime Abstimmung hatte der Rat bei den beiden Ja-Stimmen der Antragsteller zuvor abgelehnt. Danke für das breite Votum; ich freue mich sehr, sagte Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz nach der Abstimmung. Lediglich die beiden Vertreter der rechtsgerichteten Partei Pro Deutschland hatten dabei mit Nein gestimmt und dies mit Äußerungen begründet, die bei der Ratsmehrheit unüberhörbaren Protest und Widerspruch hervorriefen. Sie warfen dem OB u. a. vor, keine Teil- oder Änderungskündigungen gegenüber der BAF erwogen zu haben bei rückläufigen Flüchtlingszahlen. Die Sprecher von CDU, SPD, FDP, Grünen, Linken und Wir betonten wie schon in der voraufgegangenen Ratssondersitzung die gute Arbeit der BAF-Mitarbeiter/innen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Peter Nettekoven schloss von diesem Dank den handlungsunfähigen BAF-Vorstand allerdings ausdrücklich aus und hielt diesem vor, die Einladung der CDU-Fraktion zum Gespräch nicht angenommen zu haben. Für diese Absage zeigte Philipp Wallutat (FDP) indirekt Verständnis: Die Aussage der eigenen Handlungsunfähigkeit des BAF-Vorstands hat uns gereicht!
Kritik übte Nettekoven auch am Verwaltungsvorstand (der OB und die städtischen Beigeordneten). Seine Akteneinsicht habe ergeben, dass es bereits 2016 einen Brandbrief des damaligen Rechtsamtsleiters an den Verwaltungsvorstand gegeben habe zur Lage des BAF. Nettekoven: Auch der Verwaltungsvorstand hat nicht sauber gearbeitet, zum Beispiel beim Vertragsverstoß gegen EU-Recht. Deshalb bleiben bei der CDU Zweifel und Vorbehalte; wir tun uns schwer mit der Übernahme. Aber uns bleibt ja keine andere Möglichkeit als zuzustimmen! Die BAF-Mitarbeiter brauchen eine Perspektive! Letzteres hatte zuvor auch Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz betont.
Der OB und Rechtsdezernentin Barbara Reul-Nocke (CDU) erleichterten den CDU-Ratsmitgliedern die Zustimmung zur Übernahme der BAF-Mitarbeiter durch die Zusage, anschließend die Gründung einer neuen gemeinnützigen GmbH zu prüfen, in die die Mitarbeiter/innen dann wechseln könnten. Eine gGmbH erfordere aber ein Genehmigungsverfahren, und das dauere seine Zeit. Reul-Nocke: Wenn die Grundsatzentscheidung getroffen ist, beginnt die Arbeit für uns erst richtig! Das gilt auch für die Frage, ob die BAF-Mitarbeiter bisher richtig eingruppiert waren oder ob sie (teilweise) höher dotiert werden müssten. Ein-Euro-Jobber seien bei der BAF zurzeit nicht beschäftigt, sagte Barbara Reul-Nocke auf Nachfrage von Fritz Beinersdorf (Linke).
Die Übernahme sei bei einem Etat von 3,5 Millionen Euro ein Nullsummenspiel, hatte zuvor Lothar Sill (SPD) betont. Im Übrigen habe der OB bereits im vertraulichen Gespräch mit den Vertretern der Fraktionen und Gruppen am 9. März alle wichtigen Fragen beantwortet. Der aktuell zur gestrigen Ratssitzung vorgelegte Antwortenkatalog habe für die SPD an den Sachverhalten nichts geändert.
Das sah Thomas Brützel (Wir) etwas differenzierter. Beim Risiko- und Vertragsmanagement der Verwaltung sei einiges schief gelaufen, meinte er und forderte wie die CDU eine bessere Rechtsform für die BAF-Belegschaft. Auch deutete er an, nicht alle aktuellen Antworten der Verwaltung auf Fragen der WiR für seriös zu halten. Wenn diese in einigen Fällen schnippisch geklungen hätten, bedauerte er dies, antwortete Mast-Weist. Wie Brützel sah auch Beinersdorf einige Punkte noch nicht ganz ausgeräumt. Aber wir müssen ja nach vorne blicken!
Ob die Kasse des BF e.V. im vergangenen Jahr ordnungsgemäß geprüft worden ist, blieb in der gestrigen Ratssitzung unklar. Die Rechtsdezernentin konnte eine diesbezügliche Frage von Nettekoven lediglich für 2016 und 2017 bestätigen, und auch dies nur mit dem Satz, das sei der Stadt damals so mitgeteilt worden!. Merke: Ein eigenes Kontrollrecht steht einer Stadtverwaltung bei einem selbstständigen Verein nicht zu.