Hüseyin Topaloglu, geboren 1.7.1934 in Rumänien und seine Ehefrau Ummügül Topaloglu, geboren 6.2.1935 in Yenice/ Corlu, seit 1969 in Deutschland, seit 1972 in Remscheid:
Çorlu ist eine Kreisstadt in der Provinz Tekirda? in Thrakien in der Türkei mit ca. 150.000 Einwohnern. Sie befindet sich ca. 90 km westlich von Istanbul. Çorlu ist heute eine der am schnellsten wachsenden Industriestädte in der Türkei und ist geprägt durch zahlreiche Textilfabriken und Lebensmittelindustrie.
Ich, Hüseyin Topaloglu, bin im Alter von einem Jahr von Rumänien in die Türkei gekommen. Meine Eltern sind schon in Rumänien geboren. Attatürk hatte damals alle Auslandstürken, die wegen kriegerischer Auseinandersetzungen aus der Türkei ausgereist waren, aufgerufen, wieder zurück in die Türkei zu kommen. Meine Eltern sind diesem Aufruf gefolgt. Mein Vater starb, als ich sieben Jahre alt war. Ich habe keine Schule besucht, keine Ausbildung gemacht. Ich musste Geld verdienen für die Familie und habe auf die Tiere auf einem Bauernhof aufgepasst, bis ich 19 Jahre war. Dann habe ich meinen Militärdienst drei Jahre lang bis 1953 absolviert.
Ich, Ümmügül Topaloglu bin in Yenice/ Corlu geboren. Das ist ca. 100 km von Istanbul entfernt. Als ich 13 Jahre alt war, hatten wir in unserem Dorf auch eine Schule, die ich dann vier Jahre lang besucht habe. Dann musste ich die Schule mit 17 Jahren verlassen, ich war zu alt. Ich habe dann meine Mutter bei der Hausarbeit unterstützt. Wir haben 1954 geheiratet. Wir hatten eine normale Hochzeitsfeier mit ca. 200 Personen. Hüseyin konnte direkt nach dem Militärdienst wieder als landwirtschaftlicher Helfer arbeiten. 1962 sind wir nach Istanbul gegangen um dort in einer Textilfabrik zu arbeiten. Bis 1969 haben wir beide dort gearbeitet. Diese Textilfabrik hat uns dann angeboten, für eine kurze Zeit nach Deutschland in eine Großschneiderei zu gehen, um Kleidung zu nähen. Die beiden Betriebe hatten Verträge geschlossen. Diese Verträge wurde über das Arbeitsamt koordiniert. Bei dieser Vereinbarung der beiden Firmen gab es allerdings Altergrenzen. Hüseyin war zu alt, er dürfte nicht nach Deutschland zur Arbeitsaufnahme. Ich bin dann alleine nach Deutschland gefahren.
Die ca. 3000 km lange Reise erfolgte mit dem Zug über Bulgarien, Jugoslawien und Österreich nach Deutschland, nach Goslar. Verpflegung und Fahrtkosten hatte die deutsche Firma namens Odermark aus Goslar übernommen. Als der Zug in Istanbul losfuhr waren in dem Zug ca. 200 Personen, die nach Deutschland zur Arbeitsaufnahme reisten. In München verteilten sich dann alle, bis Goslar, in die Großschneiderei waren wir noch eine Gruppe von drei Frauen. Ich bin am 27. Juli 1969 in Goslar angekommen, am 1. August war bei Odermark Arbeitsbeginn. Wir hatten bei der Firma einen Acht- Stundentag und einen Stundenlohn von 3,20 DM. Das machte monatlich einen Verdienst von ungefähr 500 DM.
Für Hüseyin war es schon eine komisches Gefühl, die Ehefrau allein nach Deutschland zu lassen; getröstet hat, dass es nur für kurze Zeit, ein Jahr, sein sollte. Welche Chancen hatten wir denn sonst? Nach Ablauf des Jahres bin ich zurück zu meinem Mann in die Türkei. Zwei Monate nach meiner Rückkehr in die Türkei wurden die besseren Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten offenkundig. Für die gleiche Arbeit bekam ich in der Türkei 1,20 Lira, das waren umgerechnet ca. 0,50 DM Stundenlohn. (weiter auf der 2. Seite)
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