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Damenbesuch in der Unterkunft war strengstens verboten

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Domenico Marciano, geboren am 26. Juni 1934 in Nicastro (heute Lamezia Terme) in Calabrien, Italien:

„Ich lebe seit Oktober 1959 hier in Remscheid. Meine Militärzeit habe ich in Rom und Albenga verbracht. Danach arbeitete ich als ausgebildeter Parkettmacher in Bozen. Wir hatten in Bozen beim Arbeitsamt vorgesprochen. Wir wollten eigentlich nach Finnland, erhielten aber vom Arbeitsamt lediglich Angebote für deutsche Städte: Frankfurt am Main, Stuttgart, München und Remscheid.

Für die Ausreise nach Deutschland war eine gesundheitliche Untersuchung in Verona erforderlich. Wir waren 45 Arbeiter; alle kamen dann nach Remscheid zur Firma Bergische Stahl Industrie (BSI). Die Anwerbung und Koordination erfolgte über die Deutsche Kommission in Italien der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in Verona auf der Grundlage der Anwerbung der BSI vom 29.12.1958.

Am 1.10.1959 sind wir hier in Remscheid angekommen. Mitarbeiter der BSI haben uns in Solingen Ohligs abgeholt. Zur Begrüßung erhielten wir ein Brot, Milch und Margarine. Gott sei Dank war mein Koffer voll mit italienischen Lebensmitteln: Olivenöl, Käse und hausgemachte Salami. Wir wurden direkt in unsere Sammelunterkunft im Loborn gebracht. Eine Verständigung war nicht möglich, nur über einen Dolmetscher aus unseren Reihen. Wir hatten einen „Kollegen“, das war ein Studierter, der beide Sprachen, deutsch und italienisch beherrschte.

Wir mussten direkt am nächsten Tag mit unserer neuen Arbeit bei BSI hier beginnen. Ich habe dann als Hilfsarbeiter in der Gießerei für einen Stundenlohn von 2,50 DM angefangen. Es bestand aber von Anfang an die Möglichkeit, Überstunden zu machen und oder Akkord zu arbeiten. Nach zwei Tagen habe ich mit Überstunden angefangen. 1959 herrschte hier in Remscheid Wassermangel, so dass wir angehalten wurden, sparsam mit dem Wasser umzugehen. Damals wurde gemunkelt, die Italiener kommen und bringen das schöne Wetter mit. In Remscheid war damals schönes, trockenes Wetter. Wir saßen sogar noch im November 1959 kurzärmlig im Café Conti. Erst im Dezember war dann der Wintereinbruch mit Schnee und Eis. Aber das kannte ich schon aus Bozen.(weiter auf der 2. Seite)

Klicken führt zum'Zeitstrahl' der AusstellungZur 200-Jahr-Feier der Stadt Remscheid stellte Heike Hildebrandt vom damaligen Migrationsbüro der Stadt eine Ausstellung („Zeitzeugen-Projekt“) zusammen mit Schilderungen zahlreicher „Zeitzeugen der Zuwanderung“, deren neue Heimat Remscheid geworden war. Das ist jetzt zehn Jahre her. Doch die Geschichten sind es wert, nach vorne gestellt zu werden. Denn darin erzählen die „Zugereisten“, warum sie ihre Heimat verlassen haben, wie sie hier in Remscheid ankamen, welche Erwartungen, welche Hoffnungen, welche Enttäuschungen sie erlebten und warum sie sich trotzdem mit Remscheid verbunden fühlen. Zuwanderung begann aber nicht erst mit den "Gastarbeitern", sondern schon Ende des 19. Jahrhunderts mit italienischen Straßenbauern. Und nach dem nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Vertriebene, Flüchtlinge und Heimatlose.

 

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