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Jobcenter hat Erfolg mit Intensivcoaching für Hochmotivierte

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Von den derzeit 3.850 SGBII-Empfängern, die im Remscheid Jobcenter als arbeitslos bzw. arbeitsuchend gemeldet sind, mögen viele begierig darauf sein, einen neuen Arbeitsplatz zu bekommen. Doch nur diejenigen haben eine Chance auf eine besondere Förderung, die von den Arbeitsvermittlern als hochmotiviert eingeschätzt werden. „Step by Step“ heißt das Projekt, das vor neun Monaten im Jobcenter an der Bismarckstraße anlief – ein Intensivcoaching für jeweils zehn Männer und Frauen zwischen 18 und 49 Jahren über einen Zeitraum von sechs Wochen, in denen sie sich dreimal in der Woche für jeweils drei Stunden treffen, um gemeinsam über nichts anderes zu reden als über neue und ganz individuelle Wege der Arbeitssuche. Insgesamt waren es bislang 175. Und davon hatten bis gestern 100 Teilnehmer innerhalb „ihrer“ sechs Wochen einen neuen Job gefunden. 34 gelang das nicht, 26 warfen während des Projektes das Handtuch und für 14 dauert es noch an, darunter Birgitt Schachten und Marcel Schmitt. Sie nahmen gestern an einer Presskonferenz teil, zu der Dirk Faust, Leiter des Jobcenters Remscheid, eingeladen hatte. Wie er zeigte sich dabei auch Ralf Havertz, Bereichsleiter Markt und Integration im Jobcenter, Teamleiterin Ilke Wieck und das dreiköpfige Coach-Team (Anja Mans, Werner Grimm und Thorsten Koch) mit der bisherigen Erfolgsquote des Projektes sehr zufrieden. Denn bei der sonst üblichen Arbeitsvermittlung liege die Erfolgsquote, so Faust, nur bei drei Prozent, und das sei bestenfalls ein „Riesengeschäft für die Post“. Faust: “Im Jobcenter lässt der hohe Betreuungsschlüssel Gespräche normalerweise zwischen Integrationsfachkraft und arbeitsuchenden Kunden nur in Abständen von vier bis zwölf oder 16 Wochen zu!“

„Nutzen Sie Ihre Chance, werden Sie aktiv und entwickeln Sie Perspektiven. Wir unterstützen Sie!“, ist mit das Erste, was Arbeitssuchende lesen, die sich für „Step by Step“ interessieren. Wer seinem Arbeitsvermittler als hochmotiviert aufgefallen ist, bekommt die Gelegenheit, sich in einem Auswahlgespräch den drei Coaches vorzustellen. Ist ein Kandidat in das Projekt aufgenommen worden, verstehen die Trainer ihre Hauptaufgabe darein, ihm zu mehr Zutrauen zu sich selbst und seinen Fähigkeiten und Talenten zu vermitteln, damit er mit größerem Selbstvertrauen in sein nächstes Bewerbungsgespräch geht. „In der Gruppe wird auf Augenhöhe miteinander geredet, da gibt es kein Verwalten von Arbeitslosigkeit, da geht es um ganz konkrete Dinge“, sagte gestern Werner Grimm. „Wir zielen auf die Motivation und Eigenaktivität der Arbeitsuchenden -Es ist Ihr Job einen Job zu finden – auch auf einem schwierigen Arbeitsmarkt!“ Wählerisch dürfen die Teilnehmer von „Step by Step“ allerdings nicht sein. „Möglichst schnell zurück ins Arbeitsleben!“, ist das Ziel des Projektes. Jedes zumutbare Arbeitsangebot, ob es der favorisierte Beruf oder eine erarbeitete Alternative ist, soll angenommen werden.

So kam beispielsweise Katja Stamm mit ihrem Realschulabschluss zu einer Optikerlehre bei Frank Berghoff. Gaetano Terranova fand als Kfz-Mechatroniker in der Kfz-Werkstatt von Martin Rasch in Wuppertal, und Sercan Gündogdu und Ertan Abdula arbeiten inzwischen als Kaufmann (im Gesundheitswesen) bzw. Verkäufer (im Vertrieb) im Remscheider Sanitätshaus Goll und Schracke – zur Zufriedenheit von Geschäftsführerin Ina Massing. Die drei Arbeitgeber waren gestern ebenfalls ins Jobcenter gekommen, um “Step by Step“ als Arbeitsvermittlungsprogramm der schnellen und konkreten Schritte zu loben, bei dem der Arbeitsvermittler den Bewerber auch beim bei seinem Vorstellunggespräch begleitet. Aber die Unterstützung geht nicht soweit, dass ihm auch das Schreiben von Bewerbungen abgenommen wird. Wohl aber erfährt er in den sechs Wochen, wie eine Bewerbung aussehen sollte, um die Chance auf Einladung zu einem Vorstellungsgespräch zu erhöhen. Zehn PC stehen im Jobcenter bereit, um darauf eine ansehnliche Bewerbung zu schreiben. Denn nicht alle Teilnehmer halten einen Rechner in ihrer Wohnung. Und wo doch, muss er nicht unbedingt auch funktionsfähig sein. Werner Grimm: „Wer nutzt der eigene PC, wenn dem Hartz IV-Empfänger das Geld fehlt für eine neue Farbpatrone!?“

Viele Bewerber scheitern aber nicht nur aufgrund mangelhafter Bewerbungsunterlagen, sondern oft auch, wenn sie diese erste Hürde genommen haben, im Bewerbungsgespräch. Weil sie sich darauf nicht genügen vorbereitet hatten. Im Jobcenter kann ein solches Gespräch geübt werden, aufgenommen von einer Videokamera und besprochen später in der Gruppe. Apropos Arbeit in der Gruppe. „Die Teilnehmer bringen sich gegenseitig auf neue Ideen“, haben die drei Coaches in den vergangenen neun Monaten beobachtet. Das gilt auch für mögliche Arbeitsfelder. „In ihrem beruflichen Vorstellungen sind manche Teilnehmer oft doch sehr festgefahren“, berichtete Werner Grimm gestern. Das ändere sich dann in der Gruppe, sobald die persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besser herausgearbeitet worden seien. Dafür sei während der sechs Wochen ausreichend Zeit, auch für Vier-Augen-Gespräche mit einem Coach. Der Idealfall einer Arbeitsvermittlung also. Aber eben leider nur etwas für „Hochmotivierte“.


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