Dr. Lenin Raghuvanshi, Gründer der Menschenrechtsorganisation Peoples Vigilance Committee on Human Rights (PVCHR) aus Varanasi im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh), seit 2002 Partner der Deutsch-Indischen Gesellschaft Remscheid (DIG), ist zu seinem dritten Besuch nach Remscheid gekommen. Auf Einladung von Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz und Helma Ritscher, der Vorsitzenden der Deutsch-Indischen Gesellschaft Remscheid, spricht er zur Stunde im Großen Sitzungssaal des Rathauses zum Thema Pluralität, Inklusion und Menschenwürde -Die Säulen für eine friedvolle Welt? mit anschließender Diskussion aus östlich-indischer und westlicher Sicht. Pluralismus ist für Dr. Lenin (wie er sich gerne nennen lässt) die aktive Auseinandersetzung mit Vielfalt, das aktive Bemühen, sich über Grenzen und Unterschiede hinweg zu verstehen. Da sei es mit Toleranz nicht getan: Ohne wirkliche Begegnungen und Beziehungen zwischen den Menschen wird es zu vermehrten Spannungen in unseren Gesellschaften kommen. Toleranz ist ein notweniger gesellschaftlicher Wert. Jedoch braucht es keine Identitäten als Christen, Muslime, Hindus, Juden oder leidenschaftliche Säkulare, um etwas über einander zu erfahren. Toleranz ist ein zu schwaches Fundament für eine Welt voller religiöse Unterschiede und Annäherungen. Sie trägt nicht dazu bei, unsere gegenseitige Ignoranz zu beseitigen und hinterlässt Stereotype, Halbwahrheiten und Ängste, die auf alte Muster der Spaltung und Gewalt basieren. In der Welt, in der wir heute leben, werden wir für unsere gegenseitige Ignoranz einen hohen Preis bezahlen!
Der im Miteinander auf dieser Welt notwendige Pluralismus basiere auf einem selbstbewussten Dialog, der Gemeinsamkeiten und wahre Unterschiede deutlich werden lasse. Und er basiere auf Inklusion, positiver Konfliktlösung und Menschenwürde. Näher darlegen wird das der Gast aus Indien auch morgen Mittag bei einem Gespräch mit interessierten Schüler/innen aus Englisch-Leistungskursen der Sophie-Scholl-Gesamtschule (begleitende Lehrer: Christina Liebert und Oliver Heltewig) über indische Kultur und Lebenswirklichkeit. Das Gesprächsangebot war bei Lehrern und Schülern auf ein großes Interesse gestoßen. Insbesondere interessieren sie sich für aktuelle Themen wie Zwangsheirat und Menschenrechte.
2007 hatte die DIG Remscheid erstmals durch das Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes NRW über die Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH (InWent) Spenden für ein Projekt erhalten, das den Ärmsten und Unterprivilegiertesten in der indischen Gesellschaft galt, den so genannten Dalit. Voraussetzung für diese Spenden war ein finanzieller Eigenanteil, der aber, so Helma Ritscher, "Dank der Spenden von Sponsoren aus Remscheid und anderen Städten immer erbracht werden konnte. Ausgebaut wurde mit den Fördermittel und Spendengelder damals eine Dalit-Schule im Dorf Shivrampur, ferner neu gebaut (zusammen mit dem IKE e.V.) ein Dalit-Kindergartens im Dorf Ayer. 2008 folgte ein zusätzliche Bau für das Schul- und Gemeindezentrum im Dorf Raup bei Sonbadhra für die zu den Dalit gehörenden Ghasias. Im März 2010 wurde das vierte Gebäude, ein Zentrum für die in ihrer Existenz bedrohten Weberzünfte in Varanasi und Umgebung, fertiggestellt. Und 2012 wurde das 5. Projekt, das Frauenzentrum Savitri Bai Phule, eingeweiht, ein Bildungs-, Schutz- und Kulturzentrum für Dalit-Frauen, die dort in ihrem Selbstbewusstsein und in ihrer Rechten als Frau in der Familie und Gesellschaft bestärkt werden.
Parallel zu den mit öffentlichen Mitteln geförderten Projekten entstand ausschließlich mit Geldern Remscheider Sponsoren und der DIG im Dorf Baghwanala für 230 Dalit-Kinder 2010 eine Schule. Schon ein Jahr später - weil immer mehr Dalit-Kinder die Schule besuchen wollten - machte sich die DIG in Kooperation mit dem Röntgen-Gymnasium und dem dortigen Schüler-Dalit-Team unter dem Motto "Mehr Raum für Bildung für eine Aufstockung der Schule stark, im Vertrauen auf die treuen DIG-Sponsoren, Spenden des RöGy und der Remscheider Mitbürger, so Helma Ritscher. An einem Benefizkonzert in der Aula des Röntgen-Gymnasium nahm am 7. Oktober 2011 auch Dr. Lenin teil. Im Juli 2013 war der Schulanbau fertig.
Begonnen hatte die engere Zusammenarbeit zwischen der DIG Remscheid und Dr. Lenin 2006 als Bildungsinitiative mit und für die Schulkinder aus Dalit-Familien in Baghwanala. Schon damals waren Schüler/innen des Röntgen-Gymnasiums daran beteiligt; unter dem Logo Together in friendship for Dalits rights machten sie in öffentlichen Aktionen auf ihre gleichaltrigen Dalit-Freunde und deren Kampf um ihre Rechte aufmerksam. Bei seinem ersten Besuch in Remscheid im Juni 2009 war Dr. Lenin im Turmstübchen des Rathauses von der damaligen Oberbürgermeisterin Beate Wilding willkommen geheißen worden.