Vebin Krasnici
Als im Kosovo der Krieg ausgebrochen ist, ist mein Vater mit der Familie nach Deutschland geflüchtet. In Albanien herrschte viel Leid und mein Vater sah die einzige Perspektive für ein glückliches und friedliches Leben für seine Familie in Deutschland. Meine Familie ist über Umwege mit einem Bus voller Flüchtlinge in Remscheid gelandet. So richtig hier angekommen sind sie aber nie, meine Mutter spricht zum Beispiel kaum Deutsch. Meine Eltern fühlen sich zwar in Deutschland zu Hause, aber sie fühlen sich nicht als Deutsche. Meine Mutter und mein Vater haben keine deutschen Freunde oder Kontakte. Eines Tages, wenn sie alt und in Rente sind, möchten sie wieder zurück nach Hause nach Albanien. Ich selbst fühle mich hier auch zu Hause, aber ich empfinde mich auch nicht als Deutsche. Ich fühle mich albanisch auch wenn meine Heimat und mein zu Hause Deutschland ist. (Vebin Kasnici. Alter: 14 Jahre. Geboren in: Deutschland. Herkunftsland der Familie: Kosovo/Albanien.) | Ich erzähle dir meine Geschichte Die kommen doch nur zu uns, weil sie von unserem Reichtum zehren wollen! Ein böses, aber leider weit verbreitetes Vorurteil. Menschen flüchten, weil sie Armut, Hunger, Gewalt und Krieg nicht ertragen wollen. Sie verlassen ihre Heimat und begeben sich auf eine Reise ins Ungewisse. Wo kommen wir an, wie werden wir aufgenommen, wie werden wir in der Fremde leben? Junge Menschen erzählen ihre Geschichte. Sie erzählen, warum sie mit ihren Familien oder alleine zu uns gekommen sind, dass sie all das aufgegeben haben bzw. mussten, was ihre bisherige Heimat ausmachte. Sie berichten von ihrem Neuanfang in einem fremden Land, in einer fremden Stadt, die jetzt ihr neues Zuhause ist. Die Geschichte unseres Landes ist eine Geschichte ständiger Zuwanderung. Das Ruhrgebiet hätte ohne die Menschen, die Ende des 19. Jahrhunderts dorthin eingewandert sind, nicht seine damalige Blüte erlebt. Die Industrie in unserer Stadt hätte ohne die Zuwandererfamilien aus Spanien, Italien, Portugal, dem ehemaligen Jugoslawien oder der Türkei nicht ihre Leistungsfähigkeit und Qualität erreicht. Mittlerweile leben Menschen aus über 120 Nationen in unserer Stadt. Das macht ihre Vielfalt aus. Und viele Flüchtlinge aus den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts leben seit langem bei uns. Ihre Kinder gehen hier zur Schule, sie arbeiten, sind Bestandteil der Stadtgesellschaft. Wir sollten zuhören. Zuhören, um Lebensgeschichten kennen zu lernen, sie zu verstehen. Das Projekt der Welle lädt uns dazu ein, die Biografien junger Menschen nachvollziehen zu können. Diese Authentizität sollte uns lehren, nicht mit Vorurteilen, sondern mit ehrlichem Interesse miteinander umzugehen. Und so werden auch diejenigen, die heute hier Zuflucht suchen, ihren Platz in unserer Gemeinschaft finden. Wir werden sie herzlich willkommen heißen und ihnen bei ihrem Neustart behilflich sein. Sie werden unsere Stadt bereichern. Burkhard Mast-Wesz
| Integration als Chance Die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in unsere Gesellschaft ist ein Dauerthema in der Politik und den Medien. Gerade Jugendliche stehen immer wieder im Fokus dieser Diskussion. Das Projekt Integration als Chance möchte diesen Jugendlichen ein Gesicht geben und ihre ganz persönlichen Erfahrungen in den Vordergrund stellen. Ihre individuellen Lebensgeschichten sollen eindrücklich verdeutlichen mit welchen Schwierigkeiten, Hürden und Identitäts- und Zugehörigkeitsfragen sich die Jugendlichen konfrontiert sehen. Es wird eine Problematik thematisiert, von der die Bürger ohne Migrationshintergrund nicht betroffen sind, die aber zum Nachdenken bewegen soll. Wie ist es zum Beispiel für die betroffenen Menschen, mit der Angst zu leben, die neue Heimat für immer verlassen zu müssen. Es wirft die Frage auf, wie eine Integration gelingen kann, wenn Jugendliche keine gesicherte Existenz in Deutschland haben und somit auch keine Zukunftsperspektive. Es wird sehr deutlich, dass dieses Thema sehr vielschichtig ist und wie erforderlich es ist, wieder die Menschlichkeit in den Mittelpunkt der Überlegungen zur Integration zu rücken. Wir haben den jungen Menschen die Möglichkeit angeboten, sich mit ihrer eigenen Rolle in dieser Gesellschaft auseinanderzusetzen, indem sie sich auf ihre Herkunft und die ihrer Eltern oder Großeltern besinnen. Sie haben uns durch ihre Beiträge gezeigt, dass sie und ihre Familien für diese Gesellschaft einen wichtigen Beitrag geleistet haben, und weiterhin leisten werden. Die Jugendlichen haben durch dieses Projekt erkennen können, dass sie durch ihre eigene Kultur die deutsche Gesellschaft beeinflusst und geprägt haben und somit einen Grundstein gelegt haben zur Toleranz und einer perspektivisch gesellschaftlichen Entwicklung beitragen. In diesem Projekt stellen wir sie als ein wertvolles Mitglied unserer Gesellschaft dar. Zbigniew Pluszynski
___________________________ Ein Projekt von DIE WELLE gemeinnützige GmbH in Kooperation mit Agot, Arbeitsgemeinschaft offene Kinder- und Jugendarbeit Remscheid, und gefördert von der Stadt Remscheid. Fotografie: © Zbigniew Pluszynski 2014 |
↧
Junge Remscheider, die Integration als Chance verstehen (7)
↧